Ich habe grade einen Wurf liegen und hatte im Frühjahr noch einen - ich bekomme sie grade wieder mit, die geballte Ladung an mangelndem Detailwissen zur Rasse. Aktuell hab ich wirklich Glück, viele bereits Aussie erfahrene Interessenten zu haben. Aber ich habe natürlich auch immer wieder Anfänger dabei - der erste Aussie, oder gar der erste Hund überhaupt.
Meist sind es die Klassiker - junge Familie, gut situiert, ein bis drei Kinder zwischen 5 und 15, Eigenheim im Grünen, Mutter teilzeit beschäftigt oder ganz zu Hause. Eltern sind schon mit Hunden "groß geworden", hatten aber nie selbst Verantwortung für Erziehung/Haltung. Tochter will ein Pony, Sohn einen Leguan und der Steppke eine Rennmaus - man einigt sich auf den Familienhund. Jaaa - das ist für alle was!! Welche Rasse soll es also sein. Die Rasse spiegelt oftmals die Familie wieder - sportlich, dynamisch, erfolgreich, hübsch. Vater joggt morgens vor'm Büro, die Kids spielen Fußball, reiten etc. Mutter geht ins Studio. Die Wochenenden werden gemeinsam aktiv verbracht. Die Rasse muss also passen - hübsch, aktiv, intelligent. An dieser Stelle matcht der Aussie schon zum ersten Mal. Dazu möchte man noch einen Familienhund, der Kinder und Katzen freundlich ist, nicht jagt, auf die Oma hört und der anschlägt, wenn sich dunkles Gesindel dem gepflegten Eigenheim nähert. Klar - man landet wieder beim Aussie! Oftmals ist Mutter bis jetzt die Kirmesbremserin gewesen und hat erst jetzt erstmalig Verhandlungen zugelassen, ist aber noch skeptisch, ob die Zeit nun wirklich reif für das vierbeinige Familienmitglied ist. Es kommt also zum Erstkontakt und schließlich zum Besuch. Vater und die Kids haben sich bereits in alles verliebt, was bei uns rumläuft. Für mich ist klar - Mutter ist der kritische Gesprächspartner. Nicht, weil ich sie überzeugen möchte, einen Welpen zu nehmen. Viel mehr, weil sie mich überzeugen muss, dass der Familie - vertreten durch Mom the Brain - alle Rasse typischen Eigenschaften klar sind und erwünscht/geschätzt werden. Hat sie es verstanden, zieht der Rest mit.
Es kommt zu den immer gleichen Gesprächen. Schatzi bekommt schon immer die Krise wenn er zuhört. Zu oft meint er, ich würde ja gar keine Welpen verkaufen wollen, wenn man mich so reden höre ... Dabei will ich nur verdeutlichen, welche alltäglichen Veränderungen ein Leben mit Hund/Aussie mit sich bringt. Es beginnt ja bei absoluten Anfängern dann nicht gleich bei Fragen zum Aussie speziell, sondern schon mit so lapidaren Dingen, wie ein Welpe stubenrein wird. Da ist wurscht, ob Aussie, Mops oder Molosser. Belastung (physisch/psychisch), Ernährung, Versorgung, Steuern/Versicherungen, Sachkundenachweis. Vereinbarungen - was darf der Welpe und was nicht. Verantwortlichkeiten - wer hat die Federführung; der Welpe ist ein wertvolles Geschenk für die Kids und soll sie positiv prägen für ihr restliches Leben, aber soll nicht zum Spielzeug und Sandsack degradiert werden. Hier gehen die Erwartungshaltungen oftmals schon so auseinander, dass man fast nicht zu den Rasseeigenschaften kommt.
Die Rasse wird also oft mit Attributen, wie Intelligenz, Schönheit und Aktivität beschrieben. Das passt zum Lebensstil, zur familiären Dynamik. Nein, auf Hütetrieb lege man keinen Wert, möchte man nicht - haben das denn alle? Man habe von Show- und Arbeitslinien gelesen. Ich versuche zu erklären, was die Rasse ausmacht und dass selbst wenn ein Aussie aus einer Zucht stammt, die nicht auf Hüteleistung selektiert, das Verlangen/der Trieb ungeachtet des Talents, jederzeit da sein kann. Ich versuche zu erklären, sich mit allen Rasseeigenschaften auseinander zu setzen und die Rasse nur dann zu wählen, wenn man genau diese Eigenschaften schätzt. Dass man das eine, nicht ohne das andere haben kann - jedenfalls nicht auf seriöse Art und Weise. Dass mein Zuchtziel nicht der hübsche, unkomplizierte Familienhund ist, sondern der Teamplayer, mit dem ich alles erreichen kann, wenn ich ihn nur erreichen kann. Ich erwarte Wertschätzung für das, was für diese Welpen nötig war. Und das meine ich weniger monetär, sondern viel mehr durch Interesse an der Geschichte genau dieses Welpen.
Kniet man sich so tief in etwas so wunderbares rein, hat man sowohl die Gelegenheit, wie auch Bürde, sein Wissen und das Feeling an andere zu vermitteln - mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg. Der Umgang mit Hunden/Aussies ist wie ein Tanz - man braucht Taktgefühl, um schweben zu können ... Ich führe sie gerne, diese Gespräche. Meistens. Manchmal bin ich müde. Das will ich nicht sein. An manchen Tagen sehe ich es als Geschenk, über meine Welt, meine Hunde, ihre Geschichten berichten zu können. Ach - manchmal ist es auch einfach nur schwer ... ^^